20.06.2016

    Blog
Termine
Thome
Kontakt
Filmografie
Tagebuch
Drehbuch
Dreharbeiten
Montage
Archiv

16 Juni



01.06.2016   Heute Morgen habe ich geträumt, dass ich auf einem Filmfestival bin und dass mich Klaus Lemke anruft. Ich gehe ans Telefon, und er sagt, dass ich in seinem nächsten Film die Hauptrolle spielen soll. Ich sage, ich bin zwar gut beim Spielen, aber kann mir keine einzige Zeile Text merken. Seine Antwort habe ich nicht mitgeträumt, denn da bin ich aufgewacht.
Den ganzen Morgen regnet es schon Bindfäden. Ich kann nicht Radfahren und auch sonst nicht das tun, was ich mir vorgenommen habe: Holundergelee vorbereiten und Erdbeer-Rhabarber-Marmelade machen.
Gegen Mittag hört das Bindfadenregnen für eine Weile auf. Ich steige aufs Rad. Der Hinweg war ok. Der Rückweg leider gar nicht. Der Bindfadenregen war wieder da.

Ein Kornfeld unter der Last des Regens. Erst am Nachmittag hört der Regen auf.

Ein Blick in meinen Garten. Früher haben die beiden Rhododendren zu verschiedenen Zeiten geblüht und auch die Blütenfarbe war verschieden. Vielleicht findet im Lauf der Zeit über Wurzelverbindungen eine Angleichung statt?

Zu den Autobiographie-Notizen:
Fast alles, was im März 2005 passiert ist, ist im Drehtagebuch von „DU HAST GESAGT, DASS DU MICH LIEBST“ (LINK) zu finden. Alles Andere im März-Blog (LINK).
Was fehlt, ist eine Notiz am 8. März „Nicolai, Computer“. Er hatte in einer Zeitungsanzeige von einem einmaligen Sonderverkauf von PC’s gelesen. Da wartete bei einer Tankstelle schon eine Menschenschlange, die die Anzeige auch gelesen hatten. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, musste man vorher bezahlen und konnte dann später den Computer abholen. Ich dachte jedenfalls, dass es sich um eine betrügerische Aktion gehandelt hat.
In den folgenden Tagen bin ich immer wieder bei meiner Zahnärztin. Insgesamt bis in den April achtmal. Meine Zähne müssen in einem saumäßigen Zustand gewesen sein.
Am 7. April treffe ich Lucie Bates. Sie soll für „RAUCHZEICHEN“ das Kostümbild machen. Ich zeige ihr ein paar Kostüme, die Gioa Raspé im Jahr davor für Hannelore Elsner ausgesucht hat. Ein Kostüm führt zu einem Konflikt zwischen uns. Ich sage, dass es mir gefällt. Sie sagt, wenn du das nimmst, ziehe ich meinen Namen zurück. Ich gebe nach.
Am 14. April beginnt der Frühlingsdreh von „DU HAST GESAGT…“ Der letzte Drehtag am 24. April beginnt dramatisch. Wir sind mitten in der Nacht zu mir auf den Bauernhof gefahren, um bei der Schlussszene die aufgehende rote Sonne im Hintergrund zu haben. Zuerst wurde Hannelore Elsner drehfertig gemacht, dann Johannes Herschmann. Danach beim Drehen ging die Sonne auch nicht genau da auf, wo ich sie in Erinnerung hatte. Aber wir haben es hinbekommen. Dann wurde eine Nahaufnahme von Hannelore Elsner gemacht und ganz zum Schluss die auf Johannes Herschmann. Darüber war er so erbost, dass alle weiteren Szenen in Berlin extrem kritisch waren. Beim Schlussfest am nächsten Tag war ich jedenfalls heilfroh, dass alles überstanden war.
Am 26. April geht Hannelore Elsner zum Versicherungsarzt für den nächsten Film“RAUCHZEICHEN“. Ich war schon vorher da, denn diesmal wollte ich rechtzeitig ausfallversichert sein.
02.06.2016  
Gestern Abend am Dorfteich. Eine Stunde später Starkregen und Gewitter.

Meine Rhabarberernte.
Als ich vom Erbeeren kaufen zurück komme, schwimmt auf dem Dorfteich ein Schwan. Die Nilenten haben offensichtlich nichts gegen ihn.



Eineinhalb Kilo geschälter Rhabarber und 3 Kilo Erdbeeren…

…in meinem größten Topf.

Sechzehn Gläser Erdbeer-Rhabarber-Marmelade. Alles in allem 3 Stunden Arbeit. Sogar die Gläser und die Glasdeckel habe ich diesmal in kochendem Wasser sterilisiert.

Zu den Autobiographie-Notizen:
Alles, was ab Mai bis Dezember 2005 passiert, steht im Blog und dann im Drehtagebuch von „RAUCHZEICHEN“. Im Terminkalender steht nichts, was weiter erwähnenswert ist. Ab jetzt gibt es keine Autobiographie-Notizen mehr.
Jetzt müsste ich damit anfangen, sie zu schreiben. Ein älterer Herr hat mich beim Filmfestival in Basel gefragt, wann man die Autobiographie kaufen könne. Ich sagte, dass ich erst einmal einen Verlag brauche, um sie zu schreiben.
Ich vermute, dass ich erst einmal warte mit dem Nachdenken und dem Schreiben bis meine Tochter Joya ihren ersten Film abgedreht hat.
Heute Morgen habe ich zum ersten Mal seit fünf Tagen mit meiner ägptischen Freundin in Oslo geskypt. Sie sagt, dass ihr in Oslo eine Idee für ihr nächstes Buch gekommen ist. Wenn wir beide gleichzeitig schreiben, könnte das produktiv werden. Mit dieser Situation habe ich früher schon mal tolle Erfahrungen gemacht. Ich habe "DER PHILOSOPH" geschrieben und Anna ihr Feldenkraisbuch. Das war Weihnachten 1987 und wir waren beide in Florida bei MA.
03.06.2016  
Gestern Abend.

Heute Morgen. Ich fahre schon um 6 Uhr Fahrrad, denn bei mir wird heute die Jauche abgefahren.
Beim Warten auf den Jauchefahrer entferne ich die zahreichen Pflanzen, die vor meinem Haus wachsen. Hundertprozentig lässt sich das nicht machen, denn meine Hofeinfahrt ist mehr Wiese als Pflaster. Alle anderen Höfe im Dorf haben ihre Einfahrten asphaltiert. Aber unser Bürgermeister wird zumindest meinen guten Willen sehen, wenn morgen das Kinderfest im Dorf beginnt.
Danach sammele ich Holunderblüten, um endlich einmal Holundergelee nach dem Rezept meiner früheren Standfotografin Simone Weigelt zu machen. Jetzt lagern sie gewaschen und mit dem Saft von zwei Zitronen eine Woche in meinem zweiten Kühlschrank.
Im Innenhof blühen inzwischen alle meine Rosen.





Meine Freundin Isolde aus Internatszeiten schickt mir dieses Buch, um mich zu ermuntern, mit meiner Autobiographie anzufangen. Seine Autobiographie-Version - "ein alphabetischer Roman" - ist zwar interessant, leicht zu lesen, aber für mich kein Weg, denn ich bin nicht wie er, ein Feuilletonist.

Ich denke, ich werde mich mehr an einen richtigen Roman annähern. Vielleicht sogar ohne Fotos. Das ist beim Druck billiger und eröffnet mir unter Umständen die Perspektive danach statt eines Films einen zweiten Roman zu schreiben. Ich hätte jedenfalls bis zum Sterben ziemlich viel Zeit. Hoffentlich.

Ich war gerade beim Kochen, als der Jauchefahrer kommt, er pumpt nur die Hälfte aus der Grube, weil bei der Firma, die das macht, drei Fahrer krank sind. Naja bis zum Ende von Joyas Dreharbeiten im August wird die Grube nicht überlaufen.
Joya schickt mir einen Link zum Film einer Gruppe Hamburger Filmemacher "Zeigen, was man liebt" (LINK). Ich komme darin nur mit Filmausschnitten vor. Zu einem Interview im letzten Sommer auf meinem Bauernhof ist es nicht gekommen. Der Film wird auf dem Münchner Filmfest gezeigt.
Was er vom deutschen Film hält, hat Klaus Lemke gestern in Bild verkündet: "99 Prozent aller Filme sind Dreck".
Heute Morgen bekam ich eine email von Hartmut Mausolf. Daraufhin habe ich am Nachmittag länger mit ihm telefoniert. Er hat seit "BERLIN CHAMISSOPLATZ" mit seinen Geräten (Kamera, Dolly. Schien und Licht) mein Filmemachen durch günstige Preise beim Ausleihen unterstützt. Er würde das gerne weitermachen für einen neuen Film. Ich sage, es bleibt dabei, ich mache keinen neuen Film.
Bevor ich für heute mein Tageswerk beende, mähe ich noch das Gras um meine Hängematte hinter dem Gartenteich, denn das war der Hotspot bei Joyas Casting vor einem Monat. In meiner Erinnerung sind gerade erst zwei Wochen vergangen. Warum schrumpft die Zeit so unglaublich im Alter?
04.06.2016  
Beim Radfahren heute Morgen habe ich eine "unheimliche Begegnung". Der grauhaarige alte Hase vom letzten Jahr ist wieder da. Er läuft etwa zweihundert Meter vor mir auf dem Feldweg her. Als ich schneller fahre, bleibt er sitzen, sieht mich an und läuft anschließend den Weg zurück. Natürlich weiß ich nicht, ob es derselbe Hase war, aber ich denke, Hasen haben es nicht in den Genen, neben Radfahrern herzulaufen. Er spielt mit mir. Ich bin gespannt, wie es in diesem Jahr mit ihm weitergeht.
Eine Stunde früher als geplant, kommt Joya mit ihrere Filmcrew (Kamerafrau, Kameraassistent, Kostümbildnerin, Tonmeister + Hauptdarstellerin) zu mir auf den Bauernhof. Da ich keine Ahnung habe, wo sie alle heute Nacht schlafen werden, räume ich erstmal das Oleanderzimmer leer und mache da einen Grobputz. Dabei entdecke ich, dass der Perserteppich, den mir Anna vor vielen Jahren einmal geschenkt hat, zum zweiten Mal von Motten zerfressen ist. Ich klopfe ihn mit dem Teppichklopfer aus und bürste die abgenagten Wollteile ab.





Die Kamera kommt von Hartmut Mausolf, mit dem ich getern telefoniert habe.

Das Kinderfest von Niendorf. Na ja, so groß warder Unterschied zum Dorffest nicht.

Abendessen im Hof. Nur der Tonmeister fehlt, denn er hat noch Atmos gemacht. Das finde ich, ist ein gutes Zeichen. Fast alle kriegen von mir Mirfulan, denn sie haben einen leichten Sonnenbrand. Eins der Mädchen hat einen "wasserdichten" Fotoapparat in meinen Gartenteich geschmissen(?). Ihre Freundin im Film und inzwischen auch im Leben meint, ich könne doch den Teich leerpumpen, um ihn zu finden. Ich fürchte, wir werden ihn erst im nächsten Frühling bei der alljährlichen Teichsäuberungsaktion zwischen Fröschen und Teichmolchen wiederfinden. Vielleicht versuche ich morgen früh einmal zu tauchen. Und vielleicht habe ich auch Glück, denn vermutlich liegt er inzwischen an der tiefsten Stelle, und die ist 2,40 Meter tief.

05.06.2016  
Kein Hase heute morgen. Vielleicht war ich zu früh. Reste einer fremden Party am Radweg.
Heute wird gedreht. Jeder wird interviewt. Überall im Hof und im Garten.



Am Anfang versuche ich noch etwas möglichst lautloses zu machen. Dann merke ich, es ist besser, wenn ich verschwinde.

Man muss das Video im Vollbildmodus sehen, sonst wird nicht klar, warum ich es morgens um 6.15 Uhr aufgenommen habe. Das laute Hintergrundgeräusch ist übrigens kein Straßenverkehr.

06.06.2016   Nach den Dreharbeiten meiner Tochter Joya vom Wochenende heißt es für mich erstmal Wäsche waschen und zum Trocknen aufhängen.

Dabei bemerke ich wie zum ersten Mal die vollerblühten Pfingstrosen…

…und daneben echte Rosen.



Am Nachmittag versuche ich, wenigstens zwei Quadratmeter in der wuchernden Wildnis um mich herum für mich zurückzuerobern. Denn der Platz unter Nicolais Kastanienbaum ist im Garten mein Lieblingsplatz.

Leider versperrt mir ein Zweig die Aussicht. Schweren Herzens entschließe ich mich ihn abzuschneiden.

Jetzt ist er weg und die Sicht ist frei.
Heute übefällt mich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich das Leben hier auf dem Bauernhof vielleicht bald nicht mehr in den Griff kriege. Im Haus gibt es viel zu viele Räume, die zumindest einigermaßend sauber gehalten werden müssen und im Garten scheint dieses Jahr alles doppelt so schnell zu wachsen wie im letzten Jahr.
07.06.2016  

Heute mache ich ein großes Feuer und gleichzeitig "Abschied von gestern".

Dieser Teppich, der in "DAS GEHEIMNIS" im "heiligen Zimmer" lag, ist so sehr von Kleidermotten zerfressen, dass nach drei Tagen in der prallen Sonne immer mehr Teppichteile heruntergefallen sind.

Und auch weitere leere Filmkartons müssen endlich raus aus meinem Keller.

Mit diesem Sporthemd bin ich 1985 Marathon gelaufen. Ich hab's gewaschen und zum Trocknen aufgehängt.
Ich zupfe in Fortsetzung meiner Gartenarbeit weiter Unkraut aus meinem im letzten Jahr angelegten Blumenbeet und entdecke die erste Calla, die zwar noch winzig klein ist, aber schon blüht. Auf dem Beipackbild steht, dass sie erst ab Juli blüht. Ich werde sie genauso wie die drei Tomatenpflanzen jetzt täglich gießen.

08.06.2016   Meine Tochter Joya schickt mir den Link zur Webseite für ihren Film. Sie soll ab Mitte Juni "lebendig" werden.

Bei mir im Keller gibt es jetzt Platz. Statt Filmkopien ordne ich da jetzt Marmeladengläser ein.

Links die Marmeladen vom letzten Jahr. Oben Kirsche. Unten Renekloden. Rechts im Schrank meine neueste Erdbeer-Rhabarber-Marmelade, die mir ungewöhnlich gut gelungen ist.
Am Wochende mache ich Holunderblütengelee, das hoffentlich so gut schmeckt wie das von Simone Weigelt.

Wenn Frösche lernen könnten, mit einem Fotoapparat umzugehen, könnten sie jetzt Selfies machen. Gestern hatte ich den wasserdichten Fotoapparat von Joyas Hauptdarstellerin zwischen meinen Füßen.
09.06.2016
  Heute früh beim Radfahren war der Himmel grau, dann kam die Sonne. Wie jeden Tag. Ich mache weiter beim Rasenmähen.

Dann hat's wieder geregnet. Der dauerblaue Himmel scheint vorbei zu sein.

Das Plakat kam heute mit der Post. Der Film läuft ab dem 25. Juni auf dem Münchner Filmfest (LINK).
---
Bein Radfahren heute habe ich mir überlegt, wie ich das mit der geplanten Autobiographie halten soll. Einfach chronologisch in aller Ausführlichkeit von Anfang bis Ende mein Leben erzählen und dabei alle Geheimnisse offenbaren, wäre eine Möglichkeit. Aber da zum Zeitpunkt des Schreibens das Ende offen bleibt, ist das kein Weg. Ich könnte mit dem wichtigsten Ereignis bis heute anfangen: dem Tod meiner Mutter, als ich vierzehn Jahre alt war.
Ich brauche einen Standpunkt, von dem aus ich erzähle. Beim Darübernachdenken gerate ich in zahllose Einzelheiten meiner Vergangenheit. Außerdem frage ich mich, warum ich das überhaupt mache. Was will ich damit erreichen? Geld - nein. Ruhm auch nicht.
Mir ist klar, ich kann keine Lebensweisheiten bieten, denn die analytischen Fähigkeiten meines Gehirns waren schon immer nicht sehr ausgeprägt. Ich bin kein Intellektueller. Ich war und bin ein Erzähler. Mein Hauptziel kann es nur sein, meine künftigen Leser zu unterhalten. Es muss Spaß machen, das Buch zu lesen. Vielleicht so wie ein ein Reality-Roman. Dieses Genre muss ich für mich erfinden. Nach fünfzig Jahren Filmemachen kein neuer Film, sondern ein zweiter Roman. Den ersten habe ich im Abiturjahr geschrieben und später verbrannt.
Ich habe ein "wildes Leben" (was jetzt Klaus Lemke immer wieder über seine Anfänge sagt) hinter mir, aber gleichzeitig auch ein sehr bürgerliches Leben. Ich habe dreimal geheiratet und Kinder bekommen und mich auch um sie gekümmert und in diesen fünfzig Jahren 28 Spielfilme und sechs Kurzfilme gedreht. Vielleicht ist es das, dieses Doppelleben, was mich von allen anderen deutschen Filmmachern meiner Generation unterscheidet. Ich hatte nie einen richtigen Erfolg mit meinen Filmen. Woher kam die Kraft trotz aller Widrigkeiten (dreimal habe ich einen Offenbarungseid geleistet) weitermachen zu müssen? Vielleicht gelingt es mir, das in der Autobiographie für die Leser zu zeigen. Das wäre dann, jenseits aller Offenbarungen, ein schönes Ziel: The Power Behind a Life. Klingt schon wie ein Filmtitel. Wo bleibt ein Verlag, der das veröffentlichen will?.
10.06.2016  
Mein Innenhof ist ein Rosenmeer.

Die ersten Stare haben inzwischen den Kirschbaum in meinem Garten entdeckt.

Morgen hat Joya die Ur-Urenkel des früheren Besitzers meines Bauernhofs eingeladen. Ich mähe am Abend noch schnell das Gras im Innenhof und auf zwei weiteren Flächen außerhalb, damit es einigermaßend "ordentlich" aussieht.

Ich tue alles, damit am Ausgang der Scheune wieder Ranken des Wilden Weins wachsen. Drei Ranken sind schon da. In den letzten sieben Jahren ist mir das nicht gelungen. Das Rezept: ich muss einfach das Tor zum Garten so lange wie möglich auflassen.
Zur geplanten Autobiographie ist mir heute nichts Besonderes eingefallen. Eine Freundin aus meiner Internatszeit am Bodensee schreibt mir, ich müsse auf jeden Fall die Autobiographie schreiben und gibt mir Hinweise über die "Themen" in meinem Leben und meinen Filmen. Sie sagt "Frauen". Ein bisschen hilft das schon. Aber in meinen Filmen haben sich die Leute, die sie gesehen haben, vor allem auf die Inhalte gestürzt. Was mir wichtiger war, die Form des Erzählens, ist dem meisten Zuschauern nicht so wichtig gewesen. Inhalt und Form war für mich immer eine Einheit. Beim Casting von "PARADISO" kam Iris Radisch, empfohlen durch Hanns Zischler, zu mir in die Fidicinstraße, und ich habe ihr erklärt, wie ich Filme mache und wir kamen dann bald auf das "Inhalt-Form-Problem".. Sie erklärte mir, absolut einleuchtend, dass dieses Problem nur durch den Protestantismus entstanden ist. In der katholischen Kirche vorher sei die Form der Inhalt gewesen. Mir hat das total eingeleuchtet. Mein Problem bei der Autobiographie ist jetzt, da der "Inhalt" feststeht, die "Form". Und das heißt, was schreibe ich als ersten Satz.
11.06.2016   Um viertel vor neun Uhr hole ich meine Kinder vom Bahnhof in Uckro ab. Um 5 Uhr bin ich schon Fahrrad gefahren. Philipp kommt mit einer Spüle. Die will er in irgendwelche Hölzer, die er hier findet, einbauen.

Diese riesige Platte hat mein Kameramann Reinhold Vorschneider bei "PARADISO" herstellen lassen. Wofür weiß ich nicht. Jetzt wird sie einer neuen Nutzung zugeführt. Sowas gefällt mir.

Joya macht schon mal das Taubenhaus sauber. Das letzte Mal hat sie das im Sommer vor zwei Jahren gemacht.

Eine neue Küchenplatte.
Gegen 11 Uhr besuchen uns die Ur-Urenkel des früheren Hausbesitzers "Toffel"-Lehmann.

Der Herr am Ende des Tisches ist Manfred Schmidt, der Sohn von Ursula Schmidt, geborene Lehmann, der auf dem Bauernhof seine Jugend verbracht hat und der nach dem Tod seines Großvaters drei Wochen lang den Bauernhof vor dem Verkauf leergeräumt hat. Er sagt, dass er beim notariellen Kaufvertrag im Oktober 1990 in Berlin auch dabei war. Er kennt noch immer jeden Winkel im Hof und weiß unendlich viele Geschichten. Die anderen sind die Ur-Urenkel, heißen Krähe und haben mit dem Bauernhof keine nähere Beziehung, haben aber ein Fotoalbum und viele eingerahmte Fotos mitgebracht.

Die Hochzeitsgesellschaft von "Toffel"-Lehmann vor dem Haus in Niendorf.

Ein altes Foto des Bauernhofs aus dieser Zeit.

Philipp hat inzwischen die neue Spüle in die Brettplatte eingebaut.

Ich nehme mir vor, eine Archäologie meines Bauernhofs zu filmen. Ich will Manfred Schmidt fragen und seine Antworten aufzeichnen. Seine Eltern sind inzwischen gestorben und er ist der letzte Mensch, der die Geschichte des Hofes kennt.

Im Oleanderzimmer habe ich heute ein bisschen Fussball EM geguckt. Schweiz gegen Albanien. Früher habe ich da mit Hannelore Elsner Fußball geguckt und sie hat mich gefragt, zu wem hältst du. Heute hätte sie sicher zu Albanien gehalten. Ich nicht, weil ich gerade in Basel war. Später habe ich mit Gudrun Max und Karlheinz Oplustil da Fussball geguckt. Es ist für mich noch immer das Fussballguckzimmer. Die Vergangenheit ist noch immer in der Gegenwart lebendig.
12.06.2016  
Siebzehn Gläser Holunderblütengelee. Fast drei Stunden Arbeit. Ich tue immer, was ich sage.

Joya und Philipp bei einer "Outdoor-Produktionsbesprechung". Ich will mit ihnen zum ersten Mal in diesem Jahr grillen.

13.06.2016   Ich bringe Joya und Philipp zum 8 Uhr-Zug zum Bahnhof. Es ist neblig und regnet. Zwei Stunden später hat der Regen aufgehört und ich fahre meine gewohnte Strecke Rad. Auf dem Rückweg erwartet mit mein grauhaariger alter Hase auf dem Radweg, läuft eine Weile vor mir her. Ich will ihn einholen. Er entscheidet sich, auf dem Feldweg ein Stück weiterzulaufen und wechselt dann in ein Kornfeld. Ich rufe, bleib doch stehen. Ich will ein Foto von dir machen. Aber darauf lässt er sich nicht ein. Trotzdem hat mich dieses Begegnung für einen Moment glücklich gemacht.

Rot und Blau. Darüber habe ich heute Morgen, bevor der Hase kam, lange nachgedacht und war tief in Gedanken über den Todestag meiner Mutter am 28. Januar 1954 versunken.
Ich durchforste die Bilder im Moana-Blog, um herauszufinden, wann aus dem Walnusspflänzchen ein kleiner Baum geworden ist. Ich schätze, das Wachstum muss so um 2013 angefangen haben, denn das Tulpenbeet daneben habe ich jedes Jahr fotografiert. Ich hatte im Internet gelesen, dass wild gewachsene Walnussbäume mindestens 10 Jahre brauchen, um Nüsse zu tragen. Weil ich wollte, dass er gut wächst, habe ich immer wieder auch in der Nähe seiner Wurzel zur Düngung gepinkelt und ihn auch reichlich mit Wasser versorgt. Heute Abend entdecke ich, dass auf einem Ast ein biologisches Wunder stattgefunden hat…

…eine erste Walnuss wächst an diesem Walnussbaum, obwohl die erst von mir im Jahr 2023 oder 2024 erwartet wurde. Dazu hätte ich allerdings 83 oder 84 Jahre alt werden müssen. Vieleicht will mir der Baum sagen, du schaffst das schon. Ich bin auf deiner Seite. Nach der Wiederbegegnung mit dem alten Hasen am Morgen ein erfreulicher Hiweis auf meine Zukunft mit und in der Natur um mich herum.
14.06.2016  
Wie jeden Tag…
…habe ich neue Kohle im Wohnzimmer, in dem meine Mutter am 28. Januar 1954 im Bett lag, aufgelegt, bin mit dem Zug ins Gymnasium nach Biedenkopf gefahren. Als ich wieder zurückkam, war meine Mutter tot. Ich bin zu meinem Vater in die Buchhandlung gelaufen und habe ihm das gesagt. Auf dem Rückweg begegneten mir zwei Flüchtlingsmädchen, die bei uns im Haus wohnten. Zum erstenmal wurde mir da bewusst, dass es Mädchen sind.
Dazu will mir ein Text von Hans Hurch zur Vorführung von "PINK" auf der Viennale nicht aus dem Kopf gehen: "Würde man als unschuldig Unwissender die Erde vom Weltall aus beobachten, so sagt Sigmund Freud sinngemäß, wäre die erstaunlichste Erkenntnis, dass es zwei Arten von Erdbewohnern gibt: Männer und Frauen. Von diesem Erstaunen könnte man sagen, handeln seit über vierzig Jahren auf liebevolle, verweifelte, kindische und eigensinnige Weise die Filme von Rudolf Thome."
15.06.2016  
In meinem Terminkalender von 2005 fand ich einen Eintrag zu diesem Buch. Damals habe ich es weder gekauft, noch gelesen. Jetzt lese ich es.
Ich kann erst um 1 Uhr Radfahren. Bis dahin hat es pausenlos geregnet. Auf dem Rückweg, kein Hase, aber die Nilgänse.



Beim Lesen des Buchs habe ich immer wieder an meine Kindheit gedacht. Zur Erinnerung an meine schwäbische Mutter habe ich schwäbische Maultaschen gegessen. Gebraten kann man sie gerade noch essen, aber gekocht taugen sie eigentlich nur für den Komposteimer.
16.06.2016  
Heute Nacht haben sich im Traum mein Geburtshaus in Wallau und mein Bauernhof vermischt. Ich finde das sehr merkwürdig.
Nach dem Regentag gestern gehe ich heute wieder in den Garten und schaue nach den Blumen, denn beim Radfahren habe ich zum ersten Mal wieder Nacktschnecken gesehen.

Ich denke, die Gladiolen und die Callas sind vor ihnen sicher.

Zum Abend paradieren die Nilgänse vor meinem Fenster am Dorfteichrand. Das Foto, das ich machen wollte, Papa vorne, dann Kind, dann Mama ging nicht, weil das Kind, weil zu verfressen, zurückgeblieben ist…

…immerhin kann man hier sehen, dass innerhalb der Familie die Unterscheidung schwer fällt. Ich denke, die Nilgans in der Mitte ist das Kind, weil es schon wieder nur ans Fressen denkt und die beiden anderen auf die Umgebung achten. Vor allem der Nillganspapa.
17.06.2016  
Meine ägyptische Freundin ist auf dem Weg zu mir. Draußen regnet es immer noch. Ich habe schon mal zwei Regenschirme eingepackt.

Mit diesem Klappstuhl, den ich aus der Szene im Angelgeschäft in "DAS ROTE ZIMMER" gekauft habe, warte ich auf meine ägyptische Freundin, denn im Flughafen Schönefeld gibt es keine Sitzgelegenheiten. Heute ist sie schneller da als gewöhnlich.
18.06.2016   Heute Abend in Wien: "ROTE SONNE" (LINK).
---
Meine ägyptische Freundin kocht mein Lieblingsessen: Lammcarrée, mit in Butter gebratenem Salbei und Knoblauch, dazu Basmatireis und ihrem Spezialsalat.
Das Lamm ist so viel besser und saftiger als das Neuseelandlamm, das sie bisher gekauft hat, dass ich beschließe nochmal drei Portionen zu kaufen.

Im Großstadtsupermarkt. Ich gestehe, ich bin fasziniert.

Am Chamissoplatz enstehen immer wieder neue Bars und Geschäfte mit originellen Namen.
19.06.2016  
Der Teaser zum ersten Spielfilm meiner Tochter Joya.
Und hier geht es zur Webseite (LINK), auf der das Projekt und alle Beteiligten vorgestellt werden und auch, was man tun muss, damit der Film entstehen kann.
20.06.2016  
Ich bin mit meiner ägyptischen Freundin zurück auf dem Bauernhof. Der Kirschbaum mit den frühen Kirschen ist fast vollständig den Staren zum Opfer gefallen.

Der Kirschbaum mit den späteren Kirschen gehört jetzt ihr.

Radfahren am Abend…

…und die Kirschen am Radweg essen.
Gestern Nacht, nachdem ich Joyas Webseite gesehen hatte und einen schlecht gefilmten "Tatort" habe ich geträumt, dass auch ich wieder einen Film gedreht habe. Irgendwo am Meer. Es war wohl eine erste gefilmte Probe und ich war am Anfang im Bild. An der digitalen Kamera war Martin Schäfer. Ich stand plötzlich hinter ihm und sah, was er filmte auf einem ziemlich großen Monitor. Das Bild war strahlend hell und einfach. Er schwenkte mit einer Person, die aus dem Wasser kam. Ein hundertprozentig präziser Schwenk. Ich war glücklich und bin damit aufgewacht. Kann es sein, dass ich eifersüchtig und neidisch auf Joya bin?
21.06.2016  

Rudolf Thome - Überall Blumen (Trailer) from Peripher Filmverleih on Vimeo.


Am Körbaer See.
22.06.2016  
Frühstück im Grünen mit der selbsgemachten Marmelade.

Nach dem Frühstück fahren wir wieder zum Körbaer See. Meine ägyptische Freundin schwimmt eine halbe Stunde, und ich lese den Spiegel. Danach koche ich für uns alle ein Hähnchen. Joya und Phlipp kommen zurück und haben gute Nachrichten, was die Unterstützung für ihren Film angeht.
23.06.2016  
Am Körbaer See heute Morgen.

Alter Baum umarmt jungen Baum.

Ich gucke am Nachmittag immer wieder auf die Nachrichten aus England und auch auf die Filmwebseite meiner Tochter Joya (LINK). Beides ist im Moment für mich gleich wichtig. Nach einem Reste-Essen am Mittag mache ich mit dem Balkenmäher einen radikalen Vorstoß in die Wildnis meines Gartens. Mir ist klar, dass diese Wildnis für Joyas Film besser wäre, aber bis sie mit dem Drehen am 25. Juli anfängt, sieht es noch immer oder wieder ziemlich unordentlich aus.





Alles Gemähte muss ich in den nächsten Tagen natürlich zusammen rechen und dann auf den Kompost abtransportieren.
Alle Menschen, die mich näher kennen, sagen, dein Garten hält dich am Leben: Das mag ja sein, aber im Moment wird es ein bisschen viel für die Energie, die ich nach dem Radfahren zum Körbaersee mit meiner ägyptischen Freundin noch übrig habe.
24.06.2016  
Die Nilgans gestern Abend.

Gestern war der Radweg zum See noch frei.

Ich erreiche heute 9.500 Kilometer. Die 10.000 Kilometer rücken näher. Was ist mein nächstes Ziel.

Klar parke ich mein rotes Rad an einem blauen Müllbehälter.
Während meine ägyptische Freundin im See schwimmt, lese ich im Schatten weiter das Buch "Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird". Dieser Text hat mir dabei besonders gefallen. Er hat bei mir jede Menge von Assoziationen ausgelöst. Auch weil ich bei "INS BLAUE" sowohl auf dem Vesuv, wie auch in Pompeji gedreht habe und jetzt meine Autobiographie schreiben will. Aber auch weil meine Tochter Joya jetzt ihren ersten Film drehen wird.
"Unter den Städten, die unter der Asche des Vesuvs verschüttet lagen, hat man Spuren von noch älteren Städten gefunden, die ihrerseits in einer noch weiter entfernten Vergangenheit begraben lagen. Ihre Bewohner haben auf der Asche gebaut, von der die vorige Stadt bedeckt worden war. So entstanden Schichten von Städten; unter den Straßen liegen unterirdische Straßen, unter Kreuzungen andere Kreuzungen, die lebende Stadt ist auf schlafenden Städten gebaut. Dasselbe geschieht in unserem Gehirn; ohne das Ganze auszulöschen, bedeckt unser heutiges Leben unser vergangenes, das als Stütze und verborgenes Fundament dient. Wenn wir in unser Inneres hinabsteigen, streifen wir im Schutt herum."
Ganz nebenbei. Heute um 17 Uhr zeigt mein Thermometer 33 Grad. Statt mich in kühlere Räume zu verkriechen, mähe ich mit dem Rasentraktor sowohl den Innenhof, wie auch alle Grasflächen draußen im Garten. Zwischendurch schwimme ich zweimal ohne Badehose in meinem Gartenteich.
25.06.2016  
Junge Rose, alte Rose. Ich denke viel über das Altern nach. Notgedrungen.



Meine ägyptische Freundin hat sich jetzt den Temperaturen hier bekleidungsmäßig angepasst. So wird schon die Fahrt zum See wie ein Erholungsurlaub, sagt sie. Heute schwimmt sie eine ganze Stunde, während ich den neuen Spiegel lese.

Ich muss leider immer wieder an das Crowdfundingprojekt meiner Tochter Joya denken. 5 bis 10 Unterstützer täglich auf ihrer Webseite würden mir das Leben sehr verschönern. Ich finde, mehrere Leser meines Blogs sollten ihr helfen. Der Einstieg beginnt bei 25 Euro. So viel kosten zwei Kinokarten. Zwei Fachleute, die etwas von Kino verstehen, haben mir bestätigt, dass ihr Bewerbungsfilm, den sie "Teaser" nennt (LINK), genau so gut ist wie meine Filme. Also warum nicht statt einen neuen Film von Rudolf Thome (den es definitiv nicht mehr geben wird) einen Film von Joya Thome mit minimalem Einsatz zum Entstehen bringen. Mein Gott, ich habe täglich 200 Leser auf meiner Website. Da sollten doch mindestens 100 bereit sein, den Preis für 2 Kinokarten zu opfern. Ich weiß, der Weg vom überweisen wollen zum tatsächlichen machen, ist seit der Einführung der vielstelligen Kontonummern mühsam geworden. Beim Drehen von "INS BLAUE" (der übrigens im September nochmal im rbb gezeigt wird) habe ich an manchen Tagen nach Drehschluss bis zu 20 Online-Überweisungen machen müssen.
Ich weiß nicht, ob es Blanko-Onlineüberweisungsformulare gibt?
Ich biete jetzt hier etwas in dieser Richtung an. Mehr ist nicht erforderlich:

Joya Thome
IBAN: DE60 1203 0000 1038 0107 97
BIC: BYLADEM1001


In der IBAN-Nummer ist der Name der Bank enthalten. Die BIC-Nummer muss bei Überweisungen aus Deutschland nicht angegeben werden. Die ist nur für Überweisungen aus dem Ausland wichtig. Vielleicht, so hoffe ich, werden auch meine Freunde aus Spanien, Russland und Japan, die meine Filme im letzten Jahr geliebt haben, diese benutzen!
26.06.2016  
Am See war es morgens noch kalt und windig. Ich trage die Jacke, die ich meiner ägyptischen Freundin zum Geburtstag geschenkt habe, denn mir war kalt, während sie im See geschwommen ist.

Ich war nach dem Mittagessen im Oleanderzimmer und habe schon mal das Spiel Frankreich-Irland geguckt. Zur Vorbereitung auf das Deutschlandspiel. Alleine Fußball gucken macht nur halben Spaß. Zwischendurch ist am Hauseingang die erste Phloxblüte aufgegangen.

27.06.2016  

In aller Herrgottsfrühe die Nachricht vom Tod von Götz George, mit dem ich 1989 vom Filmfestival in Venedig über Frankfurt nach Berlin geflogen bin (darüber habe ich in meinen Autobiographie-Notizen am 2. Dezember 2015 geschrieben), hat mich betroffen gemacht. Erstens habe ich ihn auf dieser Reise kennengelernt, dann habe ich ein Drehbuch für ihn geschrieben, aber der Hauptgrund für meine Betroffenheit ist, dass er gleichaltrig ist. Jüngere oder ältere Menschen, die sterben, sind einfach weiter weg. Mir wird dann klar, der Tod kommt immer näher.
Deshalb bin ich mit meiner ägyptischen Freundin auch heute nochmal Fahrrad zum See gefahren, obwohl sie mittags mit dem Zug nach Berlin musste.



Sie hatte ihren Schlüssel in Berlin gelassen. Hoffentlich! Deshalb warte ich jetzt auf ihren Anruf, dass sie ihn wieder gefunden hat.
Im übrigen ist heute Siebenschläfer. So wie das Wetter heute ist, soll es die nächsten sieben Wochen bleiben. Ich habe die Wettervorhersage meiner Tochter Joya gemailt und das hat sie gefreut. Außerdem haben heute weitere Unterstützer auf ihr Konto Geld überwiesen.
Die Nilgansfamilie hat heute Morgen einen Formationsflug zu Dritt quer über den Dorfteich gemacht. Das sah toll aus. Ich hätte das gerne gefilmt, aber so schnell konnte ich das mit meinem Fotoapparat nicht aufnehmen. Vielleicht fliegen sie zur Übung für das Nilgans-Kind einmal hin und her.

28.06.2016   Heute Morgen am Dorfteich gab es ein gewaltiges Gekrähe und Geschnattere. Ein Fischreiher hat versucht, in ihrem Revier ein paar Häppchen einzunehmen. Er hatte keine Chance.

Diese Feder hatten sie gestern direkt vor meine Tür gelegt. Ich nehme es als gutes Vorzeichen für den Film meiner Tochter.

Nach dem kargen Pasta mit Fertigpesto-Mittagessen (je älter ich werde, desto weniger habe ich Lust zu kochen), Wäsche waschen und aufhängen. Während ich das schreibe, kommen die Nilgänse direkt vor mein Fenster. Sie fühlen sich offensichtlich als die Könige von Niendorf.



Ich denke, sie mit den rosa Füßen ist die Nilgansfrau?
Meine Tochter Joya postet heute für ihren Film "Königin von Niendorf", für den sie extra eine Facebookseite (wie früher für meine letzten beiden Filme "DAS ROTE ZIMMER" und "INS BLAUE") eingerichtet hat, diesen Eintrag:

Morgen Mittag kommt Joya mit Philipp zu mir, um in Dahme weitere Unterstützer zu gewinnen. Ich hatte ihr gestern versprochen, wenn ihr diese Summe erreicht, koche ich für euch beide einen Auflauf, und beim Essen besprechen wir zu dritt, was wir weiter tun können, damit die Dreharbeiten tatsächlich auch stattfinden. Ich weiß vom Marathonlaufen, dass die letzten Kilometer immer am Schwiegsten werden.
Ich habe schon überlegt, ob ich bei ihren Dreharbeiten so eine Art Standfotograf spielen könnte, und dann ihre Dreharbeiten auf einer gesonderten Seite auf meiner Wensite dokumentiere. Dann wissen die "Unterstützer" täglich, was mit ihrem Geld passiert. Bei mir und der Degeto war das früher so. Der Degeto hat das damals gefallen.
29.06.2016  


So trübe wie das Wetter heute Morgen war auch meine Stimmung beim Radfahren.

Dann kreuzte ein Fuchs meinen Weg. Dann sah ich dieses Reh. Und dann kam auch noch der grauhaarige alte Hase.
Danach habe ich drei Stunden lang einen Auflauf für Joya und Philipp gekocht. Sie waren schon eine halbe Stunde früher da, aber der Auflauf war erst Punkt 1 Uhr fertig…

…und wurde fast komplett aufgegessen. Beim Essen sprechen wir über ALLES und alle inzwischen entstandenen Probleme, die inzwischen durch emails und Telefonate entstanden sind. Ich habe unser Gespräch gefilmt, weil ich ein Foto haben wollte, in dem wir alle einigermaßend gut aussehen. Als Philipp den Film sah, sagte er, deine grauen Haare sehen wie ein Heiligenschein aus.
Dazu fällt mir ein Satz von Jochen Brunow ein, der "Zeigen was man liebt" auf dem Münchner Filmfest gesehen hat. Sein Fazit dazu ist: Eine reine Lemke Hagiographie.
Ok, ich bin kein Heiliger und wollte auch nie einer sein, obwohl mein Guru aus Florida in Paris einmal zu Adriana Altaras über mich gesagt hat: He is a holy man. Aber sie meinte damals etwas total anderes, nämlich, dass ich auf meine Weise ein spiritueller Mensch bin. Im Einklang mit mir selbst, mit der Natur und mit den Filmen, die ich mache.
Ich liebe das Leben und freue mich über jeden neuen Tag. Auch wenn ich immer öfter an das unvermeidliche Sterben denke. Es sterben ja genug Menschen, denen ich nahe stehe, um mich herum. Vor zwei Tagen habe ich zu meiner ägyptischen Freundin am Körbaer See gesagt: Was soll ich tun, wenn ich sterbe. Sie hat darüber lange gelacht. Es ist natürlich ein blöder Satz, aber mir war es dabei auch ein bisschen ernst.
Wer mein Drehbuch zu "Überall Blumen" (LINK) liest und weiß, dass ich die Rolle von Willy Steinhart, der sich darin umbringt, spielen wollte, weiß wie nah ich mir meinen Abschied aus dieser Welt vorgestellt habe. Ich habe den Link zum Drehbuch, auch im Hinblick auf Serpil Turhans Film, jetzt endlich nach zwei Jahren auf meiner Website ordentlich upgedated. Zu den handschriftlichen Notizen kommt man allerdings nur rückwärts.
Im übrigen: Philipp hat mich heute gefragt, wann ich mit meiner Autobiographie endlich anfange. Ich sage, dass ich im Blog mit einem Eintrag, der mit dem Tod meiner Mutter beginnt, schon mal einen Versuch gemacht habe, dass mir aber im Nachhinein eingefallen ist, dass ich im Film keine Rückblenden mag. Er sagt, aber deine ganze Autobiographie ist doch eine Rückblende. Es macht mir Spaß, mit ihm bei einem oder zwei Gläsern Wein zu reden.

30.06.2016   Heute morgen kommen mir ernsthafte Zweifel, ob das, was um mich herum passiert, die Wirklichkeit ist. Beim Radfahren um halb sieben kommt etwa zwanzig Meter vor mir der grauhaarige alte Hase aus einem Weizenfeld, setzt sich gut 2 Sekunden vor mir auf den Radweg und schaut mich an. Dann rennt er zurück ins Weizenfeld. Wahrscheinlich hat er mich mit seinen großen Ohren heranfahren gehört und wollte sehen, ob ich es tatsächlich bin. Nur schade, dass meine Augen keine Kamerafunktion haben, denn es war ein unglaubliches Bild.

Nachdem ich diese beiden Heuhaufen zusammengerecht hatte, bin ich ins Haus gegangen und wollte mit Joya und Philipp frühstücken. Dass beide gestern Abend schon nach Berlin zurückgefahren sind, hatte ich vergessen. Alzheimer? Oder Alkohol? Erst ein Telefonat mit Joya brachte mir meine Erinnerung zurück. Zum Mittagessen mit dem restlichen Auflauf mache ich ein Feuer.



Das Feuer ist auch für die Göttinnen und Götter der Finanzierung von Joyas Film. Früher habe ich solche Feuer immer wieder auch bei meinen Filmen gemacht, und es hat fast immer geholfen. Jetzt habe ich die "Unterstützer" von Joyas Film zu Göttinnen und Göttern gemacht. Ich hoffe, dass ihnen das gefällt.

Die Briefträgerin bringt mir ein Paket. Darin ist ein neuer Toaster, denn der alte hat die Brote gegen Ende seiner Lebenszeit nicht mehr ausgeworfen, sondern verbrannt. Immer mehr Alltagsgegenstände verabschieden sich von mir. Wollen sie mir damit etwas sagen? Ich werde melancholisch. Es wird Zeit, dass ein neuer Monat beginnt.
   



<< >>


Besucherzaehler